Hei Tiki

Es ist ein Fakt, dass man Neuseeländer, die nach Übersee reisen, in den meisten Fällen an ihren Maori Schmuckanhängern erkennen kann, die aus Jade, Muschelschalen oder Knochen geschnitzt sind. Auch wenn es nicht auf meinem Profilfoto zu erkennen ist, versichere ich Ihnen, dass auch ich einen Maori Anhänger trage, einen Hei Matau, der die Form eines Angelhakens hat und aus Knochen geschnitzt ist. Bevor ich im letzen Jahr von Taiwan nach Deutschland reiste, hat Alice mich quasi ebenfalls mit diesem Stempel versehen. Diese Anhänger haben sowohl für Maori als auch Pakeha (Neuseeländer mit europäischen Vorfahren) eine wichtige Bedeutung. Für Maori allerdings ist ein Hei Matau sicherlich wesentlich bedeutungsvoller .

Das berühmteste Design der Maori Schnitzereien ist das Hei Tiki, welches den ersten Mann darstellt. Dem Hei Tiki wird eine große Macht zugeschrieben, wenn es darum geht, die Fruchtbarkeit zu fördern. Hei Tikis, die vor der Besiedlung durch Europäer geschnitzt wurden, waren zumeist aus einem stumpf gewordenen Blatt einer Axt hergestellt und dann ein Leben lang getragen. Die individuellen Schnitzereien erhielten häufig Namen und wurden mit größtem Respekt getragen. Wenn jemand starb, wurde er mit seinem Hei-Tiki beerdigt. Ich habe gelesen, dass die Hei Tiki später wieder ausgegraben wurden, um die Verstorbenen bei offiziellen Zeremonien zu repräsentieren.
Neuseeländische Jade (Ponamu) stammt von der Westküste der Südinsel und ist wesentlich dunkler als asiatische Jade. Dieser Stein hat solch eine harte Substanz, dass er zur Herstellung von Äxten und Waffen diente.


Dieses Youtube Video wurde von dem Wellington´s Te Papa Museum veröffentlicht und erzählt die Geschichte eines Hei Tikis, das einer berühmten Reiseführerin namens Hinerangi Tepaia (Führerin Sophia)  in Rotorua gehörte. 1886 gab es einen sehr heftigen Vulkanausbruch in Rotorua. Tage zuvor hatte Hinerangi eine Vision gehabt, dass eine große Gefahr über sie kommen werde. und so hat Hinerangi Tepaia etwa 62 Menschen, die in der Nähe des Vulkans lebten, gewarnt und ihnen Schutz in ihrem Haus geboten.





In der Maori Kultur kann man sich nicht selbst ein Greenstone Ornament kaufen; man muss es für jemand anderen kaufen, es segnen und dann dem Empfänger oder der Empfängerin übergeben. Je größer und schöner die Schnitzerei ist,  desto höher ist das "mana" (das Ansehen, welches mit Respekt verglichen werden kann) der Person, die es erhält. Da die neuseeländische Jade sowohl heilig als auch selten ist, ist sie sehr teuer. Wenn man also einer geliebten Person eine Ehre erweisen und eine Schnitzerei aus echter Neuseeländischer Jade schenken möchte, muss man wohl in den sauren Apfel beißen und tief in die Tasche greifen.
Aber ... in den meisten Souvenirläden gibt es Hei Tikis, die preiswerter sind, weil sie entweder aus importierter Jade oder anderen billigeren Materialien wie  Knochen, Muschelschalen oder sogar Holz geschnitzt wurden.
Alice, die eine Pakeha ist, war es völlig ausreichend, mir eine Schnitzerei aus Knochen zu schenken (vielleicht kann ich mich ja eines Tages glücklich wähnen, und sie schenkt mir einen beeindruckenderen Hei Matau zum Geburtstag...) Und so denkt Alice, da die Jade sowieso von der Südinsel und also nicht aus der Gegend, in der wir wohnen, stammt, warum nicht einen Anhänger kaufen, den ein hiesiger Maori aus importierter Jade geschnitzt hat? Sicherlich ist Jade Jade, und so lange sie gesegnet und bezahlt ist, sollte es doch genügen.
Ich hingegen stehe mehr auf Qualität. so bevorzuge ich es, wenn mein Bett aus Vollholz, mein Käse frisch und nicht vakuumverpackt und mein Geschirr handgetöpfert sind (anstatt billigen Massenimports).
Aber Alice´ Begierde nach Kitsch ist schier grenzenlos. Sie und eine Menge anderer Kiwis sind eher für die massenproduzierten Harz Hei Tikis zu begeistern. Nicht wirklich etwas, mit dem es sich lohnen würde, begraben zu werden, aber für einen Trip ins Heimatland sicherlich ausreichend.